Mittwoch, Dezember 25, 2019

Sankt Petersburg - Eine Stadt gewinnt mit Dunkelheit

Die Flucht vor der Unerträglichkeit des why?nachtlichens Seins entführt mich dieses Jahr nach Sankt Petersburg. Ehemalige Hauptsatdt, Vorzeigeprojekt russischen Liberalismus (falls es sowas jemals gab) und die wohl europäischste aller russischen Städte.

Und Heim von Menschen, die uns Obdach, Nahrung und Bier anbieten.

Gründe genug, um mal vorbeizuschauen.

Kennt natürlich jeder und man weiß auch, dass die ganze Konstruktion darauf zurückgeht, dass den Architekten ab dem 3. Stock einfach nix mehr eingefallen ist. Deshalb setzten sie einen ca. 20 Meter langen Zapfen drauf und fertig war das neue Wahrzeichen. Hat 1778 gut funktioniert. Geht heute auch noch.
Wie immer, wenn's wo was zu verdienen gibt, war die Kirche nicht weit und verpachtet übriges Brachland an die Reaktion, die da natürlich erst mal ein Gefängnis errichtet. Direkt um's Eck von Peter und Paul, das größte Gefängnis für politische Gefgangene des prä-revolutionären Russlands. Hier saßen sie alle, Gorki, Klaus Meine und so ziemlich die gesamte Originalbesetzung der Scorpions. Große Zellen, ein gedeihliches Miteinander und regelmäßige Mahlzeiten machten das Gefängnis zum Club Robinson unter den europäischen Folterknästen seiner Zeit.
Nach soviel präsowjetischer Schwermut gehts nun in die Stadt. Und, was Städte angeht, alter Scholli, ein Kleinod. Gut, es liegt kein Schnee, wie im Prospekt angekündigt, und die Temperatur hält sich jahresuntypisch bei kuschligen 7 Grad. Aber, Langmut ist des Reisenden Freund.
Die Eremitage von der Peter-Und-Paul-Seite aus gesehen. Auf der anderen Seite des Nebels.
Der russische Mann kauft das Auto, und der durchschnittliche Russe ist vom Neandertaler nicht weiter entfernt als ein Ami vom Ku-Klux-Klan, also nicht sehr weit. In einer Stadt, in welcher man für 35 KM Distanz gerne mal 2 Stunden mit dem Auto braucht, ist es wichtig, dass man diese 2 Stunden maximal kommod verbringt. Überholprestige und Sicherheit für die Kinder gibts gratis mit dazu.
Russen ist die Why?nachtsgeschichte ähnlich nah wie die Mär vom Klimawandel, allerdings finden sie es eher cool, ersterer Legender zu huldigen. Zweitere sollte man besser nicht erwähnen, sonst gibts aufs Maul. Danach Wodka und dann haben sich alle wieder lieb, aber bis dahin ist es ein harter, schmerzhafter Weg.
Nebenbei gibt es allüberall diese niedlichen russischen Überraschungseier zu kaufen. Günstig im Erwerb, aber vorsicht: In jedem siebten Ei gibts eine nicht rückverfolgbare Poloniumvergiftung gratis mit dazu!
Mein Highlight, die BLUTERLÖSERKIRCHE, ein 5-Türme-Monstrum feinster russischer Bauherrenart. Hier wurde der allenthalben beliebte Philanthrop und Verfechter einer grundlegenden Demokratietheorie, Zar Alexander II. vom pöbelnden Pöbel feige vorderrücks erschossen und in den Newa-Nebenkanal entsorgt. "Bluterlöserkirche", ein Name, der bis heute für Hoffnung, Nächstenliebe und die konsequente, wenn nötig grausame, Vernichtung aller Andersdenkender gilt.
Aber wenn die Lichter angehen geht das Fotografenherz auf. Die zentrale Kirche zum Heiligen Wemauchimmer, ein Traum im nebeligen Unscharf, direkt gegenüber des für seine herzallerliebste Bedienung bekannte Hotel Angleterre, wo's den Wodka für unter 5 Euro gibt. Geheimtipp, unbedingt aufsuchen!

Drei Liter muss ich mindestens trinken, pro Tag, sagt meine Mutter und ihr Arzt. So sei es. Russian Standard Wodka, immer wieder gerne!
Mit mathematischem Humor gehts dann Nachhause. Bis morgen! Sagt der Why?nachtsfisch!




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