Dienstag, Juni 08, 2010

MPS

MPS ist keine Abkürzung für eine altersbedingte Rückenmarkserkrankung oder Knochenschwund. Vielmehr ist es die Abkürzung für das Mittelalterliche Phantasie Spektakel. Wobei es unergründlich bleibt - oder der Phantasie überlassen bleibt - warum man die Phantasie vom Spektakel trennen muss. Aber wenn nicht, hieße es wohl nur MS und das klänge wohl einfach zu sehr nach Ausflugsdampfer als nach mittelalterlicher Volksbespaßung.

Sei's drum, ich war dort. Begleitet von meiner treuen Kamera zog's mich ins finstere Kleinheubach von dem ich allein aufgrund des Ortsnamens annahm, dass ich Mittelalterliches dorten nur schwer von kontemporären wird unterscheiden lassen. Ich hatte schlicht Angst, dass die dort noch auf Autos schießen und Pentagrammträger als Teufelsanbeter unter der Thing-Eiche rösten.

Dem war zum Glück nicht so.

Für immerhin 10 Euro kam man rein. Ein angemessener und durch die horrenden Bierpreise wohl subventionierter und deswegen erklärlicher Eintrittspreis.

Wie es sich für Mittelaltermärkte gehört labert jeder Protagonist das, was er für mittelalterliches Deutsch hält. So sagt niemand "Hallo" oder "Guten Tag", nein, es heißt "Seyed Gegüßt, Edler Ritter" und "So zahlet mir der Taler 10 für jenes Met auf dass ich euch des Pfandes Wert zurückerstatten möge, so Ihr mir bringet zurück das Krüglein in wohlfeiler Gestalt" oder sonstigen Murks. Wenn die wüssten! Ich sag nur

"Hiltibrant enti Hadubrant untar heriun tuem.
sunufatarungo iro saro rihtun."

Nix da mit "hold" und "Ritter" und das!

Immerhin gab man sich bei der Lösung der Darstellung monetärer Teilungsproblematiken medieval pragmatisch. Dies hier ist zum Beispiel ein halber Taler:

Nun doch, der Preis war angemessen. Musik gabs von Saltatio Mortis und Herr Lasterbalg begrüßte mich auf gar Schelmish Art und grinste debil mir direkt ins Objektiv.

Zu Trinken gabs aus Fässern
und zu Essen vom Spieß.
Allerlei Tand und eitel Zeug wurde für inflationsbereinigte Gegenwerte kleinerer Wehrburganlagen angeboten. Alles sehr schön arrangiert und angerichet.
Freundliche Menschen waren anwesend, bei denen man sich aber nicht immer sicher sein konnte, ob sie, ob des vermeintlichen Seelenklaus durch die Verwendung moderner Spiegelreflexkameras, nicht flux in wilde Raserei verfallen würden. Die Wenigsten taten dies. Wofür ich dankbar war und noch immer bin. Jener hier zum Beispiel ist der gute Herr Steinhaber. Der heißt so - so hat er mir bei Nachfrage erklärt - weil er Steine hat.
Die offensichtliche Plausibilität der Erklärung trieb mir spontan die Schamesröte ins Gesicht.

Obwohl er, dieser Logik folgend, auch gut und gerne Zahnsteinhaber hätt' heißen können. Das hab ich ihm aber aus überlebenstaktischen Erwägungen heraus nicht gesagt.

Er war nicht der einzige lustige Leut. Auch andere Besucher hatten angenehm einen am rennen und machten durch dezente optische Gimmicks darauf aufmerksam.
Elfen haben doofe Ohren!

Doch ist jene geistig völlig auf der Gegenspur agierende Anfangzwanzigerin durch ihr Alter zumindest teilweise gerechtfertigt. Diese Leute hier hingegen haben es schwer, mildernde Umstände für ihr Verhalten glaubhaft zu machen.
Der Clan der MacMüllers macht einen Ausflug. Noch hallt in ihren Ohren das Wehgeschrei der besiegten MacMeiers. Doch nun ist die natürliche Ordnung der Dinge am Loch Müller hergestellt. Die Luft riecht würzig...
Und dann kamen die Trolle...
Stelzenpuppen, ca. 3 Meter hoch. Leise, schnell, unheimlich. Sehr beeindruckend.

Und dann war da natürlich noch die Pferde- und Ritternummer. Ist ja völlig klar, im Mittelalter war jeder entweder Ritter, Edelmann, Gutsherr, Hoffräulein, Priester, Magier oder Nachtelfirokese. Niemand war einfach Gustl Schweinehirt, Am Saupferch 20, Arschkrampenhausen. Wie auch immer. Auf jeden Fall gab's eine Rittervorstellung mit Rittern und Pferden. Was logisch ist, weil Ritter ohne was zum Reiten wären einfach nur Leute mit unpraktischer Kleidung. Insofern, Ritter also:
Und die Rittersleut waren mächtig stolz auf ihre Pferde. Was, wie gesagt, systemisch bedingt ist. Ritter kommt von Reiten und reiten tut man am besten auf einem Pferd,
weil wenn man auf einer Sau durch die Schranken jagt macht das wenig Eindruck und die Nummer mit Burgfräulein in der Kemenate durch die Laken zu scheuchen kann man sich dann auch gemütlich von der Backe putzen. Allgemein ist man sehr stolz darauf, dass die Pferde über kein pferdetypisches Verhaltensmerkmal mehr verfügen. Das bedeutet, ist ein Pferd üblicherweise ähnliche mutig wie ein Franzose vor der ersten Flasche Bordeaux, hat man ihnen durch verschiedene, natürlich völlig schmerzfreie Tricks beigebracht, dass Feuer ne feine Sache ist und man nicht den Hauch von Panik davor haben muss und man 10 Millionen Jahre alte Fluchtinstinkte mal locker übern Harz kicken kann. Und so sieht das dann aus:
Und nun zum Abschluss noch einige mehr oder weniger gelungene Bilder von der Veranstaltung.

Und mit diesem letzten Ausblick auf meine Zukunft an einem vermeintlich besseren Ort möchte ich schließen. Gute Nacht!

2 Kommentare:

Death hat gesagt…

"Zahnsteinhaber..." ich kann nicht mehr! LOL.

tobikult hat gesagt…

Du machst Dich gut als Feuerteufel!