Montag, Januar 28, 2013

Rehalligalli (6a) - Über das Lachen

Alle Menschen lachen. Manche sagen, das Lachen unterscheide den Menschen vom Tiere. Junge Menschen, gar Kinder, lachen, erwachsene Menschen lachen und, ja, alte Menschen lachen auch. Das Lachen männlicher Menschen ist dabei immer das Schönere. Der männliche Lacher ist wie alles Männliche, kurz, prägnant und im ganzen wohlgeformt, gelegentlich sogar imposant. Das weibliche Lachen hingegen hat immer die Tendenz zum nervigen. Sei es das dümmliche Kichern enthirnter Silikonikonen a la Verona oder aber auch das keifende Keckern aggressiv-missgünstiger Marktweiblein.

Was aber garnicht geht, ist das Lachen alter Frauen. Gemeint sind hierbei nicht die "ganz" alten, deren Lachen sich auf ein nur von Hunden hörbares Zirpen beschränkt, sondern diejenigen Alten in der Güteklasse 'post-meno-pausal' bis 'Renteneintrittsalter und Mann lebt noch'.

Ich denke, hier eine Art Standardlachen erkennt zu haben. Und das ist nicht schön.

Vorab sei erwähnt: Die erwähnte Kategorie Frau lacht überall und überall laut. Sie hat n Kinder großgezogen, unendliche Mengen Butterbrote für Männe geschmiert und mehrere Dielenböden in mehreren Mietwohnungen durchgescheuert. Sie hat gegen Ende ihrer Karriere mindestens 20 benachbarte Familien an den Hausmeister wegen Ruhestörung und Nichtbeachtung der Kehrwoche denunziert und ist bei der Polizei in einem eigenen Ordner abgeheftet, weil sie als zuverlässige Beobachterin des ruhenden Verkehrs für 50% der jährlichen Bußgeldeinnahmen des lokalen Polizeireviers verantwortlich ist. All dies bererchtigt sie, zu lachen. Immer, überall, laut und ausdauernd.

Und halt auch im Speisesaal, besser bekannt als Moria.

Der Lacher kündigt sich nicht an. Tiere, die normalerweise Erdbeben lange vor dem Menschen spüren, teilen was die Vorhersehbarkeit dieses speziellen Lachens betrifft, dessen komplette Unfähigkeit. Tiere mit besserem Gehör als dem menschlichen neigen darüber hinaus dazu, danach an Innenohrsturzblutungen schmerzhaft zu verenden. In der Nähe dieser lachenden Frauen sind zum Beispiel Fledermäuse meist ausgestorben oder gehören zur seltenen Art des Kleinen Tauben Trottelohrs, welche aus zoologischer Sicht deshalb so beachtlich ist, weil es die einzig taube UND blinde Fledermausart ist, die sich mittels ihres Tastsinnes orientiert, was sie zur einzig am Boden entlang kriechenden Fledermaus der Welt macht.

Nun, der spezielle Lacher kommt überraschend und semi-eruptiv. Als Präludium genießt der unfreiwillige Zuhörer ein ebenso fulminantes wie überraschendes "Haaaaa...", welches je nach Erheiterungs oder auch Verbitterungsgrad zwischen einer und zehn Sekunden dauern kann. Dieser Auftakt dient dazu, die Aufmerksamkeit aller sich in diesem akustischen Ground-Zero Befindlichen auf die Protagonistin zu lenken. Hierbei eruptiert die Lachende explosionsartig ihr gesamtes Lungenvolumen mit einer höheren Mündungsgeschwindigkeit als ein handelsübliches Niesen. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass alles sich in der Mundhöhle befindliche Material mit nach außen geschleudert wird. Manches dieses Materials landet entweder in benachbarten Tellern oder tritt spontan in eine erdnahe Umlaufbahn ein.

Nach der imposanten Eröffnung folgt der Spannungsbogen. Hierbei verharrt die Lachende am Punkt völliger pulmonarer  Leere. Quasi katatonisch scheint sie sich nicht entscheiden zu können, ob sich ein weiteres Einatmen lohnt oder ob es doch den ganzen Aufwand nicht Wert ist. Man kennt diese Phasen trügerischer Stille von Hurrican-Zentren oder auch vom Kinderweinen, dann, wenn die doofen Blagen mal wieder zu dumm waren und hingefallen sind und sich erst vergewissern müssen, dass irgendwelche Erwachsene anwesend sind und es sich definitiv lohnt, wie depp loszubrüllen.

Kinder, ganz im Gegensatz, weinen NICHT, wenn sie unbeobachtet hingefallen sind, weil Kinder sich nicht weh tun und alles rumgeheule nur der Show geschuldet ist.

Diese Chance hat man bei der Lachenden nicht. Sie schiebt immer den dritten Akt nach. Und der ist nochmal beachtlich und lässt auf ein fulminantes Ende hoffen. Zwanzig Liter Altweiberlungenvolumen werden asthmatisch röchelnd gefüllt und man meint, Kondensstreifen am Einsaugkanal erkennen zu können. Kleinere Gegenstände der Umgebung werden wie durch einen Industriestaubsauger eingesogen, kleine Kinder halten sich wie Bänder im Sturm flatternd an was auch immer fest, wenn sie nicht im Zentrum dieses Malstroms ein allzu frühes Ende erleiden wollen. Der eine oder andere Kleinsäuger wird danach nicht mehr gefunden werden. Wahrscheinlich wird das Bermuda-Dreieck so erklärbar.

Der vierte und letzte Akt ist enttäuschend. Würde man jetzt noch einen quasi abschließenden Paukenschlag erwarten, passiert lediglich folgendes: He-he-he... mit abflachender Lautstärke.

Dann herrscht Ruhe. Umfassend und verstockt. Überlebende kriechen unter den Trümmern hervor, schauen verwirrt und verständnislos in eine für sie nun fremd gewordene Welt. Das eine oder ander Trümmerstück fällt noch irgendwo unbeachtet zu Boden und erschlägt ein Kind und ganz in der Ferne hört man das Anlaufen von Sirenen. Menschen machen sich mit leerem oder irrem Blick auf den Weg zum nächsten Notlager des THW, Krisenreaktionskräfte der Bundeswehr beginnen mit der Wiederherstellung grundlegender Infrastruktur und die Zivilisation beginnt mit einem neuen Anlauf.

Wie gesagt: Nicht schön.

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